Die Mitgründerin unseres Unternehmens, Anikó Bakos, ist seit mehr als 10 Jahren aktiv in der Tierrettung tätig. Der von ihr in Ungarn gegründete gemeinnützige Tierschutzverein „EbÁrvaház“ (Hundewaisenhaus) rettet Hunde aus Hundeauffangstationen, für die es sonst keine andere Chance mehr gegeben hätte. Dank der hartnäckigen Arbeit des Hundewaisenhauses haben sie so bereits das Leben von fast 1000 Hunden und Familien verbessert, indem sie ihnen geholfen haben, einander zu finden.

Was war für dich während deiner Laufbahn als Tierschützerin am beeindruckendsten?

Mein erster adoptierter Hund! Ihr Name war Ramóna und sie blickte mit schrecklich traurigen Augen durch die Gitter. Ich habe ihr immer gesagt: „Ich werde für dich ein Herrchen oder Frauchen finden“. Dann hatten wir es tatsächlich endlich geschafft, dass Ramóna von einem Kollegen adoptiert wurde. Ich denke, dieser Fall ist der denkwürdigste für mich.

Aber es gibt auch andere denkwürdige Momente, z. B. wenn wir in andere Tierheime gehen, wo wir Hunde rausretten können und ich sehe die Bedingungen im Vergleich zu der Art und Weise, wie wir die Hunde dann halten. Viele Menschen, die das zum ersten Mal sehen, müssen weinen. Was man an einem solchen Ort erlebt, kann alles übertreffen, was man sich vorstellen kann. Vor allem in Ostungarn, wo die Hunde einfach auf einen zustürmen und sagen: „Nimm mich, nimm mich, nimm mich“.

 

Wie entscheidet ihr, wenn ihr mitnehmt?

Das ist immer schwierig. Normalerweise sieht es so aus: wir haben zwei freie Plätze und nehmen dann aber sieben bis acht Hunde mit und weinen trotzdem, weil wir den Rest zurück lassen mussten.

 

Seelisch ist das eine sehr schwere Belastung.

Es ist eine große Belastung, aber ich kann jetzt damit leben. Ich ermutige auch meine Mitstreiter dahingehend, indem ich sage, dass nicht immer jeder Hund gerettet werden kann und wir sollten uns über die freuen, die wir retten können. Wir können mit dem Bewusstsein arbeiten, dass wir wirklich etwas für diese Hunde tun.

Wie bist du Tierschützerin geworden?

Ich begann in Siófok als freiwillige Helferin und wurde dort zur Tierschützerin. Auch dafür kann ich mich bei Julius (Hrsg: Gyula  „Julius“ Sebő) bedanken, da er mich dorthin mitgenommen hat. Er zeigte mir die elende Situation der Hunde dort und aus dem anfänglichen Weinen wurde echte Hilfsbereitschaft. Mir wurde klar, dass wir mit unserer Hilfe viel erreichen können.

 

Daraus entstand dann das Hundewaisenhaus EbÁrvaház.

Ja, wir haben sehr lange nach einem Tierheim, bzw. nach einem Ort für ein Tierheim gesucht. In Kenese war es dann mal kurz fast so weit, aber dann hat es doch nicht geklappt. Anfangs haben wir versucht einfach so überall Hunde zu retten, zu helfen, zu vermitteln und zu dolmetschen und dabei kristallisierte sich dann aber heraus, dass wir doch ein eigenes Tierheim haben müssten. Dann fanden wir einen kleinen Platz in der Nähe von Székesfehérvár in Iszkaszentgyörgy, wo aber nur etwa ein Dutzend Hunde Platz finden konnten. Danach kamen wir mit dem Besitzer des Reitstalls und Pension „Németh Lovarda“ , in Tárnok, in Kontakt, der uns gerne weiter geholfen hat. Das war eine sehr interessante Geschichte, denn eine Einrichtung in Várpalota hatte 22 Hunde, deren Unterbringungskosten deren finanziellen Rahmen überstiegen. Der Reitstallbesitzer aus Tárnok half dabei mehrere Tierschutzorganisationen zu kontaktieren, um zu sehen, wer die Hunde übernehmen könnte und so haben wir uns gefunden.

 

Wie viele Tierschutzplätze habt ihr jetzt?

Aufgrund steigender Kosten mussten wir die Anzahl der Plätze von 45 auf 21 reduzieren. Wir sind ständig auf der Suche nach einem eigenen Ort für ein Tierheim, aber es ist furchtbar schwierig. Wir wollen auf jeden Fall ein eigenes Tierheim. Wir würden aber auch mit ein paar Hunden in Tárnok bleiben, weil wir viele ehrenamtliche Helfer aus der Region haben, die immer wieder zum Helfen vorbeikommen, es wäre schön, wenn wir für unsere, so genannten „festsitzenden“, Hunde einen eigenen Platz hätten.

 

Wie viele Hunde sitzen fest?

Acht oder zehn Hunde. Aber das ist auch relativ, denn wenn ich sage, dass er festsitzt, wird er am nächsten Morgen vielleicht doch adoptiert. Manchmal gibt es auch Wunder!

 

Wie findet man das Tierheim EbÁrvaház, wenn man einen Hund von euch adoptieren will?

Viele Leute finden uns über Facebook oder unsere Website, aber wir sind auch auf mehreren Onlinemarktplätzen für Tiere (kutyaorokbefogadas.hu, orokbefogadlak.hu, gazditkeresek.hu, jofogas.hu). Natürlich sind wir auch auf social media Plattformen dabei – Facebook, Instagram, Tik-Tok. Viele Leute kommen mittlerweile mit einer Empfehlung von Bekannten zu uns. Wir haben bereits fast tausend Hunde vermittelt und einige Adoptanten kamen erneut und adoptierten ihren zweiten Hund von uns.

Dazu gehört auch, dass wir Hunde nicht nur in Innenhaltung vermitteln, da ein Kuvas oder ein Komondor vielleicht nicht gerade in der Wohnung leben möchte. So ein Herdenschutzhund kann draußen auf dem Grundstück genauso glücklich sein wie drinnen, vorausgesetzt, dass sich der Besitzer ausreichend mit ihm beschäftigt.

Wie gut könnt ihr erkennen, wer ein guter Besitzer sein wird?

Es gibt Zauberworte wie „wie viel kostet der Hund”, „wir sind gekommen, um einen Hund zu sehen“, „ach, bloß nicht schwarz“ und dann verabschieden wir uns voneinander wieder. Wir sehen, wie nach dem Hund gegriffen wird, will er wirklich mit ihm spazieren gehen oder erschreckt er, wenn der Hund ihn anspringt. Dann wissen wir, dass es hier keine Harmonie geben wird. Aber meistens entscheidet der Hund. Wir haben Hunde, die Angst haben und in der in der Ecke sitzen und dann kommt plötzlich jemand und er geht auf ihn zu, als wären sie schon immer zusammen gewesen.

 

Wie kommt ein neuer Hund zu euch, wenn Ihr einen Platz frei habt?

Leute versuchen regelmäßig Hunde an uns abzugeben. Deshalb ist es wichtig, dass die Leute wissen: Sie können bei uns keinen Hund abgeben. Wir retten Hunde aus den Hundeauffangstationen aus dringenden Notsituationen. Wenn wir also die Hunde, die man uns abgeben will, übernehmen würden, würden die wirklich notleidenden Hunde sterben! Wir nehmen in der Regel Hunde mit, die schon länger in Not sind. Alle meine Kollegen haben bei sich vorübergehend Hunde. Auch bei mir zu Hause sind mehrere Hunde, weil wir einfach nicht wissen, wo wir diese Hunde sonst unterbringen können.

 

Ich denke es ist eine Berufung. Und wer diese Berufung ernst nimmt, setzt seine eigenen Bedürfnisse hinten an und die Tiere werden in den Vordergrund gesetzt.

Ja, das ist so. Man kann auch nicht einfach so in den Urlaub gehen. Aber das ist für mich kein Problem, weil die Hunde mir so viel Freude bereiten. Ich habe kürzlich einen Deutschen Schäferhund „Kajla“ mit nach Hause gebracht. Ich habe ihn erst seit ein paar Tagen, aber sie ist die Beste von allen. Sie versteht alles, hört aufs Wort, ist unendlich schlau und intelligent. Neben ihr habe ich noch 3 Vizslas, von denen eine gerettet wurde. Sie kam schwanger zu uns und einer ihrer Welpen lebt auch mit mir. Bei mir ist noch „Sziszike“, sie ist 17 Jahre alt und ich habe sie vor zwei Jahre von der Straße mitgebracht. Und es gibt noch einen sehr ängstlichen Hund, den wir wahrscheinlich nie vermitteln werden, denn man kann ihn nur streicheln, wenn man ihn nicht ansieht.

 

Was ist, Deiner Meinung nach, das Schwierigste am Tierschutz?

Wann man einen Hund gehen lassen muss. Der, dem du versprochen hast, dass du ihm einen Besitzer finden wirst und dass er es auch erleben wird, eine Familie zu haben und es doch nicht klappt und er dann bei uns stirbt.  Das ist das Schwierigste. Aber auch das muss getan werden, weil der Hund zu krank ist. Ich tröste mich damit, dass dann ein anderer Hund eine Chance bekommt und seinen Platz einnehmen kann. Ich glaube, dass auch Hunde wiedergeboren werden. Es ist aber auch sehr schwierig, wenn man einen Hund ablehnen muss. Wenn man sagen muss, dass man ihn jetzt nicht aufnehmen kann.

Wie versucht ihr, die Alltage der Hunde im EbÁrvaház zu verbessern, solange sie bei euch sind?

Sie sind am glücklichsten, wenn wir uns mit ihnen beschäftigen. Wir haben einen Auslauf und versuchen Rudel zu bilden. Denn je besser sie mit allen auskommen, desto öfter können sie die Zwinger verlassen. Im Auslauf kann man sich aber nicht hinsetzten, denn wenn man sich hinsetzt, sind sofort fünf Hunde auf dir drauf.

Was könnte deiner Meinung nach getan werden, um zu verhindern, dass so viele Hunde in den Hundeauffangstationen und auf der Straße landen? Wie könnte verantwortungsvolle Tierhaltung verbreitet werden?

Es lohnt sich, bei den Kindern anzufangen. Es ist so ein Erlebnis, wenn Kinder zu uns kommen und uns dann erzählen, wie schön der Tag war und wie sehr sie ihn genossen haben. Sie werden es dann in der Schule verbreiten und vielleicht wächst dann endlich eine Generation heran, die achtsamer ist. Ich denke, das ist der einzige Weg. Mit Gesprächen und positiven Nachrichten. Es gibt immer Schreckliches, aber wir sollten lieber erzählen, wie schön es ist, zu wissen, wie ein Hund war und wie schön es ist, ihn dann glücklich zu sehen.

 

Was ist das Besondere an das Hundewaisenhaus EbÁrvaház deiner Meinung nach?

Der Mensch steht im Mittelpunkt und wir konzentrieren uns auf die Person, die hier her kommt um einen Hund zu holen. Ich sage meinen Kollegen immer, dass sie freundlich zu den Menschen sein sollen, um sie zu dem zu führen, was dann gut für sie ist. Auch darum, weil viele Menschen bereits an manch anderen Organisationen gescheitert sind, aber mit Hunden „gut auskommen“, nur eben mit den Menschen halt weniger. Das muss man tun, denn nur so findet jeder Hund seinen Besitzer.  Man muss tolerant und freundlich sein. Es geht nicht, einem älteren Menschen keinen Hund zu geben, denn es gibt auch ältere Hunde. Natürlich geben wir ihnen keinen Welpen und fragen weiter nach. Aber wir bekommen immer noch Fotos von einem 84-jährigen Opa, wie er mit seinem 11-jährigen Hund spazieren geht, der bei ihm im Bett schläft und sich das Fußballspiel mit ihm ansieht. Warum sollten wir ihm keinen Hund geben? Neben der Fokussierung auf die Hunde, sind auch Toleranz und Menschenfreundlichkeit wichtig.

In Ungarn geht die Tendenz leider dahin, dass niemand einen alten Hund adoptieren will, denn „was passiert, wenn mein Hund stirbt“. Ich finde das so was von egoistisch. Ich, als Mensch, sollte mental stark genug sein, es zu ertragen, wenn dieser alte Hund losgelassen werden muss. Denn einen alten Hund nicht mit nach Hause zu nehmen, weil er irgendwann gehen muss und nur daran zu denken, wie schlimm es für mich sein wird, ist der größte Egoismus. Du wirst sehen, wie dankbar alte Hunde sind, wenn du ihn nach Hause bringst und er feststellt, dass er jetzt bei dir bleiben kann und dies sein Zuhause sein wird.

 

Wenn jemand euch besuchen möchte, wann kann er das tun?

Man kann uns Werktags und am Wochenende zwischen 9.00 und 15.00 Uhr, zum Kennenlernen und um mit den Hunden spazieren zu gehen, besuchen. Auch Praktikanten sind herzlich willkommen. In den letzten zwei Jahren hatten wir aufgrund von COVID nicht viele Veranstaltungen, aber jetzt planen wir wieder Aktionen, bei denen man unsere Hunde und uns kennenlernen kann.

Wer unserer Seite folgt, kann uns regelmäßig besuchen, wir freuen uns auf alle lieben Hundefreunde.