Die meisten Menschen denken bei Assistenzhunden an Blindenführhunde oder vielleicht noch an Therapiehunde! Aber es geht tatsächlich um viel mehr als das. Diese speziell ausgebildeten Hunde helfen ihren Besitzern und erleichtern ihnen den Alltag erheblich. Darüber sprachen wir mit Nóra Sziklai-Bengyel, der Volontärin des Vereins „NEO Magyar Segítőkutya Egyesület” (NEO Ungarischer Assistenzhundeverein), die mit 3 Assistenzhunden zusammenlebt.

Wie sind Sie mit der Assistenzhundearbeit  in Kontakt gekommen?

Seit 30 Jahren gehört das Arbeiten mit Hunden in verschiedenen Hundeclubs und – vereinen, zu meinem Leben. Ich kam vor 7 Jahren mit der Assistenzhundearbeit in Kontakt. Damals habe ich mich als Freiwillige beim NEO Magyar Segítőkutya Egyesület (Ungarischer Assistenzhundeverein) (http://segitokutya.net/) gemeldet. Ich war sehr an dieser Welt interessiert und ich wollte sie kennenlernen. Ich habe in der vergangenen Zeit viel gelernt und wir wurden bald selbst  Besitzer eines Assistenzhundes, weil bei meinem kleinen Sohn leider die Diagnose Autismus gestellt wurde.

 

Zu dieser Zeit arbeitete ich bereits lange im Verein und bald hatten wir „Risza“ unseren Assistenzhund für Autismus und Therapie. „Risza“  wurde schnell Teil unserer Familie und war eine große Hilfe bei der Entwicklung meines kleinen Sohnes. Im Laufe der Jahre begann ich, in immer mehr Bereichen (Kindergärten, Schulen, Entwicklungsheime, Pflegeheime, usw.), mit Therapiehunden zu arbeiten und tauchte noch tiefer in diesen speziellen Bereich der Arbeit mit Hunden ein. Vor ein paar Jahren wurde auch „Gofree“, der Gluten-Signalhund, Teil unserer Familie.

Welche Assistenzhunde gibt es in Ungarn oder im Ausland?

Der bekannteste Assistenzhund ist der Blindenführhund in Ungarn, der aber nur eine Art des Assistenzhundes ist. In Ungarn gibt es auch noch Assistenzhunde für Behinderte, Servicehunde die Töne signalisieren, Anfälle anzeigen, Personenassistenz- und Therapiehunde.  Servicehunde für Behinderte erleichtern ihren Besitzern im Rollstuhl das Leben, indem sie verschiedene Gegenstände von Orten holen oder aufheben, die der Besitzer nur schwer erreichen könnte, oder sie öffnen Türen oder schalten  Licht ein- und aus. Signalhunde signalisieren ihren hörgeschädigten Besitzern, wenn jemand an der Tür klopft oder der Wecker klingelt, oder eine Nachricht am Telefon ankommt.  Die Medizinischen Signalhunde  sind in der Lage, einen nahenden epileptischen Anfall oder einen Rückgang des Blutzuckerspiegels beim an Diabetes erkrankten  Besitzer zu erkennen und signalisieren diese dem Diabetiker im Voraus, so dass er sich vorbereiten kann oder in der Lage ist, sich das richtige Medikament rechtzeitig zu geben. Die Behindertenbegleithunde können für eine Vielzahl von Aufgaben ausgebildet werden, hierzu gehören auch die Vierbeiner, die für Menschen ausgebildet werden, die von Autismus betroffen sind, oder spezielle, mehrfach ausgebildete Hunde, d.h. die Hunde werden für verschiedene Aufgaben gleichzeitig ausgebildet. Z. B. für zukünftige Besitzer, die im Rollstuhl sitzen und gleichzeitig blind sind. Mit Servicehunden können Besitzer verschiedene Einrichtungen besuchen, in denen der Hund an deren Therapiesitzungen beteiligt ist.

 

Was macht einen Hund zu einem guten Assistenzhund?

Es ist sehr wichtig zu erkennen, welches die grundlegenden Eigenschaften des Hundes sind. Viele Menschen fragen, welche Rasse zur Assistenzhundearbeit  am besten geeignet ist! Es geht aber nicht wirklich darum, welche Rasse es ist, sondern welches seine speziellen  Eigenschaften sind. Es ist sehr wichtig, dass der Hund ein gutes Nervenkostüm hat, so dass er den Besitzer in allen Umgebungen sicher begleiten kann und er nicht erschrickt oder aggressiv wird. Er sollte sehr gut motiviert werden können und er soll mit dem zukünftigen Besitzer zusammenarbeiten wollen. Darauf basiert eine qualitativ hochwertige fachliche Ausbildung und die Gesamtheit dessen führt dazu, dass ein Vierbeiner zu einem exzellenten Assistenzhund wird.

 

Wie typisch ist es, den eigenen Hund zum  Assistenzhund auszubilden?

Theoretisch sieht der Trainingsprozess so aus, dass der durch einen  Welpentest ausgewählte Welpe,  in das Programm des ausbildenden Vereins aufgenommen wird. Er wird zuerst bei Pflegeeltern untergebracht, wo die grundlegende Sozialisation und die Gehorsamkeitsausbildung beginnt. Er kann die gesamte Trainingszeit bei den Pflegeeltern verbringen, aber der leitende Trainer kann den Rest der Ausbildung nach einer Weile übernehmen. Im Alter von ca. 1,5 Jahren beginnt die Zusammenarbeit mit dem zukünftigen  Besitzer. Hier lernen  der Besitzer und der Assistenzhund zusammenzuarbeiten und besondere  Aufgaben zu erfüllen. In der Praxis kann der Ausbildungsprozess in vielen Fällen auch individuell sein, so dass es auch möglich ist, einen Assistenzhund aus einem eigenen Hund zu entwickeln, so dass der Welpe oder sogar der erwachsene Hund, bereits während des Trainings, beim Endbesitzer ist.  Das hängt natürlich immer von der Eignung des Hundes ab und davon, ob der Besitzer die Erwartungen an ihn während der Ausbildung aufrechterhalten kann.

 

Wie  ist die gesellschaftliche Akzeptanz von Assistenzhunden? Was sind die Regeln für Assistenzhunde?

Glücklicherweise wächst das Interesse an der Welt der Assistenzhunde. In Ungarn sind Blindenhunde noch bekannter, aber wir haben auch Assistenzhunde für eine Reihe anderer Probleme ausgebildet. Auch für Krankheiten, die gegebenenfalls nicht sichtbar sind. Daher sehen wir als Außenstehende nicht, dass der Besitzer irgendwelche Probleme hat, aber er wird trotzdem von einem Assistenzhund begleitet. Das bringt oft Schwierigkeiten mit sich, weil zum Beispiel ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, dem Menschen in einem Rollstuhl oder einem blinden Besitzer, den rechtmäßigen Aufenthalt des Hundes bestenfalls nicht in Frage stellt (z.B. an einem Ort, an dem ein Hund normalerweise nicht hineingehen darf), aber wenn man beim anderen bedürftigen Herrchen „nichts sieht“, ist es schwieriger, dessen Assistenzhund zu akzeptieren. Es ist sehr wichtig, dass der jeweilige Assistenzhund immer ein unverwechselbares Geschirr, mit dem Logo der Ausbildungsorganisation trägt und der Besitzer über die gültige „Assistenzhundekarte“ verfügt, die über ein zentrales öffentliches System überprüft werden kann (http://www.matesze.hu/). In Ungarn gibt es auch eine gesetzliche Verordnung über die Prüfung und den Einsatz von Assistenzhunden  und der Besitzer hat das Recht, mit seinem Assistenzhund an den Aktivitäten (z. B. Kino, Theater, Geschäft, Spielplatz, Strand) teilzunehmen, die allen offen stehen müssen. Allerdings sind solche unangenehmen Situationen, in denen ein Besitzer mit einem Assistenzhund diskriminiert, unter bestimmten Bedingungen nicht zugelassen oder in eine unangenehme Lage gebracht wird, immer noch üblich. Auch deshalb ist es sehr wichtig, dass jeder die Welt der Assistenzhunde und ihre wichtige Arbeit mit ihren Besitzern kennt, damit sie ins öffentliche Bewusstsein gebracht werden und ihre gesellschaftliche Akzeptanz erhöht werden kann.

Nóra Sziklai-Bengyel, Kooperationspartner von Julius-K9®.

 

In Deutschland setzt sich die gemeinnützige Organisation „Allianz für Assistenzhunde – Pfotenpiloten e.V.“ für bessere Grundlagen und nachhaltige Strukturen ein. Die so geschaffenen Fundamente werden es Menschen mit chronischer Beeinträchtigung in naher Zukunft viel leichter machen, mit Assistenzhunden in eine Mobilität durchzustarten. 

https://www.pfotenpiloten.org/