Man kann das Verhalten eines ängstlichen Hundes leicht mit dem eines „Angst einjagenden“, mit anderen Worten „aggressiven“ Hundes verwechseln. Das passiert, weil der ängstliche Hund oft an der Leine reißt und den ihm Angst einjagenden Menschen, Hund oder Gegenstand anbellt oder anknurrt, damit dieser so schnell wie möglich verschwindet.
Viele ängstliche Hunde machen den Eindruck uninteressiert, deprimiert oder „depressiv“ zu sein. Einige verkriechen sich wegen eines klirrenden Geräusches, wegen eines Löffels der auf den Boden fällt oder wegen des Brummens eines Staubsaugers.
Das Verhalten ängstlicher Hunde kann mehrere Gründe haben. Ein möglicher Grund kann ein Ereignis in der Vergangenheit sein. Wurde der Hund zum Beispiel adoptiert und seine Vorgeschichte ist unbekannt oder äußerst lückenhaft, erklärt das einen Teil seines unsicheren bis ängstlichen Verhaltens. Falls dies ausgeschlossen werden kann, sind die Genetik, Erfahrungsmangel und der Sozialisationsmangel für das ängstliche Verhalten verantwortlich. Die beiden letzten Faktoren prägen einen Welpen dauerhaft und wirken sich auf das Verhalten im Erwachsenenalter aus.
Wenn unser Welpe also nicht genügend Zeit unter anderen Tieren und Menschen verbringt, nur wenige verschiedene Töne und Geräusche in seinem Umfeld wahrnimmt, keine Erfahrung mit verschiedenen Berührungen und Streicheln macht, dann kann er sich unter Umständen zu einem ängstlichen oder situativ aggressiven Hund entwickeln.
Wie können wir also unserem Hund bei solchen Problemen helfen? Hierzu einige Übungen und Aufgaben, mit denen wir unserem Hund helfen können seine Ängste zu überwinden und sein Selbstvertrauen zu stärken:
-
- Wir können eine Art Therapie anwenden, in der wir unseren Hund genau mit den Sachen und Situationen konfrontieren, die ihm Angst einjagen. Das machen wir in kleinen und für den Hund verwertbaren Schritten. Dabei versuchen wir ganz bewusst, unserem Hund positive Verknüpfungen und Assoziationen zu Dingen und Erfahrungen zu vermitteln, die er zuvor als negativ und angsteinflößend abgespeichert hat. Wenn unser Hund beispielsweise Angst vor einem Treffen mit anderen Hunden hat, sollten wir versuchen ihn in die Nähe von Parks oder anderen Hundeplätzen zu bringen, um eine langsame Gewöhnung zu erreichen. Den direkten Kontakt zu anderen Hunden sollten wir vorerst noch vermeiden. Zeigt unser Hund keine Anzeichen von Angst, wenn er die anderen Hunde aus einer akzeptablen Distanz betrachtet, bestärken wir ihn in diesem Verhalten positiv. Jedes Mal, wenn wir eine kleine Änderung, eine ruhigere Annäherung an andere Hunde bemerken, können wir ihm einen Belohnungshappen geben.
- Wir können Hunden, die sich auf viel befahrenen Straßen zaghaft verhalten helfen, indem wir mit ihnen erst in einer ruhigeren Umgebung Gassi gehen und sie stufenweise an Straßen mit mehr Verkehr heranführen. Natürlich belohnen wir jede winzige Entwicklung, um somit die negativen Impulse langsam zu neutralisieren und sie mit permanenter Bestärkung in positive Empfindungen umzuwandeln. Ein Hund lernt am besten durch Assoziationen.
- Das Selbstbewusstsein von Hunden mit mangelndem Selbstvertrauen, können wir durch das häufige Wiederholen einfacher Aufgaben und reichlich Lob verbessern. Im Kopf des Hundes wird sich Folgendes abspielen: „Er/Sie sagt „Platz“ zu mir, ich lege mich hin und werde dafür schön gelobt. Dann bin ich brav, oder? Und noch mal. Ich bin wieder brav!“Selbstverständlich ist das zugleich auch eine Art Gehorsamkeitstraining – immer dasselbe Kommando, dieselbe auszuführende Tätigkeit mit demselben Ergebnis. Hunde mit mangelndem Selbstvertrauen benötigen Beständigkeit und Konsistenz.
- Wenn Dein Hund Dir nicht gehorcht, eventuell bei gewöhnlichen, einfachen Aufgaben Widerstand zeigt, versuche nicht, ihm die Ausführung aufzudrängen oder ihn zu zwingen, etwas zu tun. Deine unwillkürlich erhobene Stimme könnte das wenige Selbstvertrauen des ängstlichen Hundes beispielsweise sofort zerstören. Das Ziel ist es, das Selbstbewusstsein zu stärken, wobei nur positive Bestärkung helfen kann.
- Füttere Deinen Hund aus der Hand! Wenn Du einen sehr ängstlichen Adoptivhund hast, der auch Dir gegenüber kein Vertrauen hat, dann versuche ihm größere Belohnungshappen von trockenem Hundefutter einzeln aus der Hand zu füttern. Nachdem er diese Happen vertraut annimmt, kannst Du ihn zwischendurch langsam mit der anderen Hand berühren und seinen Kopf streicheln. Falls er sich zurückzieht, brauchst Du Geduld. Früher oder später wird er den positiven Gedanken des (Belohnungs)happens mit der menschlichen Berührung verknüpfen.
- Die Schatzsuche ist ein hervorragendes Spiel, um das Selbstvertrauen Deines Hundes zu stärken. Die meisten Hunde lieben es, verstecktes Spielzeug zu suchen. Diese Übung ist komplex, denn sie vereint Herausforderung, Erfolgserlebnis und stärkt das Selbstvertrauen. Zuerst musst Du erreichen, dass Dein Hund ruhig auf seinem Platz wartet bis Du sein Spielzeug versteckt hast. Das ist eine prima Gehorsamkeitsübung. Bei uns funktioniert das Kommando „Bleib!“ einwandfrei bei diesem Spiel (wobei sich dieses Kommando auch in sonstigen Situationen als recht nützlich erweist). Der Hund wird beim Signal „Such!“ oder einem ähnlich kurzen Kommando das versteckte Spielzeug mit Freude suchen, welches natürlich nicht unmöglich schwer zu finden sein sollte, da wir diese Übung zur Stärkung des Selbstvertrauens anwenden. Gegebenenfalls kann man die Aufgabe leichter gestalten, indem man das Spielzeug so versteckt, dass der Hund sieht wo wir es hingelegt haben. Das Erfolgserlebnis wird ihm dabei nicht geraubt, sein Selbstvertrauen wird gestärkt. Egal, ob sich Dein Hund vor dem Straßenverkehr, vor Kindern, Geräuschen, vor anderen Hunden oder sogar vor Dir fürchtet – Du kannst ihm helfen. Wenn Du die Aufmerksamkeit Deines Hundes erlangst und ihm mit gezielten Übungen und Spielen konsequent den Weg weist, bist Du schon fast am Ziel. Dank der investierten Zeit und Aufmerksamkeit kann man Situationen die beim Hund negative Gefühle auslösen in den Griff bekommen und in positive Emotionen umwandeln.
Márk J. Bányai
Herangezogene Quellen:
https://moderndogmagazine.com/articles/5-ways-help-shy-fearful-or-anxious-dogs/78057
https://simplyfordogs.com/dog-confidence/9-strategies-building-confidence-dog/
https://www.homewardtrails.org/resources/dogs/helping-the-shy-or-fearful-dog/#.W6tI0XszbIV
Image Credit: Well Pet Coach