Bea Belényi und Zen haben mit einer fantastischen Leistung bei der 25. IRO Weltmeisterschaft für Rettungshunde in der Disziplin „Trümmer“, den Weltmeistertitel ergattert. Auf dem Siegerpodest zu stehen ist nicht neu für die Beiden. Bereits Zwei Jahre zuvor konnten sie sich den Platz als Vizeweltmeister sichern. Wie hat ihr Weg sie an diesen Punkt geführt? Wie kann man sich auf so einen Wettbewerb vorbereiten und überhaupt, wie sieht der Alltag dieses Duos aus? Das folgende Interview verrät es.
Da sind Sie. Hinter der Glastür beobachte ich, wie der Hund seinen Kopf in den Schoß seines Frauchens legt. Bevor ich das Haus betrete, warte ich ein wenig. Mir geht durch den Kopf, wie viele Menschenleben dieses Duo gerettet hat. Wie viel Übung sie schon hinter sich haben und wie viel Erfahrung sie schon gesammelt haben. Man kann sofort erkennen, dass sie einander wie ihre Westentasche kennen. Kein Wunder, denn nur so kann man eine Weltmeisterschaft gewinnen.
Ihr habt beim Wettbewerb alles gegeben, und wir gratulieren zu diesem Ergebnis! Wie hast du den Sieg erlebt?
Der Wettbewerb fand vom Dienstag bis Sonntag statt. Samstagabend lagen wir zwar schon auf dem ersten Platz, aber wir wussten, dass sich das Ergebnis auch noch im letzten Moment ändern kann. Als ich am Sonntag gesehen habe, dass wir am Ende des Wettbewerbs weiterhin auf dem ersten Platz sind, hatte ich gemischte Gefühle. Erst konnte ich es überhaupt nicht fassen, aber dann habe ich mich unglaublich gefreut. In der Geschichte der Rettungshunde ist Zen nach seinem Großvater, Kuba, erst der zweite ungarische Weltmeister. Man kann sagen, dass er die „Familientradition“ weitergeführt hat und es ist ein fantastisches Gefühl, einen Part dazu bei zu tragen.
Bea und Zen
Was waren deine ersten Gedanken nach dem Sieg?
Ich habe ihn angesehen und gesagt: genau dafür haben wir so hart gearbeitet. Natürlich fragt man sich in einer Situation wie dieser, was als nächstes kommt. Ein sechsjähriger Hund ist noch voller Kraft und Potential, also muss man sich Gedanken machen, welche Richtung man einschlagen will. Nicht, dass man mich falsch versteht. Wir sind nicht perspektivlos. In zwei Wochen nehmen wir an einer Einsatz-Bereitschaftsprüfung teil, was eine besondere Herausforderung sein wird. Wobei ich denke, dass Zen das locker schaffen wird. Bei dieser Prüfung ist eher meine Leistung fraglich, weil wir gemeinsam danach beurteilt werden, wie wir uns in einem Einsatz unter Realbedingungen verhalten. Wir werden an einem 48-stündigen Sucheinsatz teilnehmen, wo wir 7 Gebiete durchsuchen und 21 vermisste Personen finden müssen. Das ist eine äußerst belastende Prüfung, welche bis jetzt nur wenige Hunde in Ungarn geschafft haben.
Hättest du gedacht, dass ihr es unter die ersten 3 schaffen würdet?
Die Konkurrenz ist stark. Wir wussten, dass alles hätte passieren können. Der Erfolg war definitiv nicht garantiert. Natürlich haben wir uns so vorbereitet, dass wir unser Bestes beim Wettbewerb geben können. Anhand der Erfahrungen voriger Jahre haben wir gewusst, dass wenn Zen eine gute Leistung bringt, er einen Eindruck hinterlassen wird. Dieser Hund hat wirklich alles: erstklassige Fertigkeiten und eine sehr gute Nase. Glück und das Wetter sind Faktoren, die wir nicht ignorieren oder beeinflussen können. Bei der Weltmeisterschaft zieht jeder ein Los, welches entscheidet, wer an welchem Tag startet. Das heißt, dass wir unter vielen unterschiedlichen Begebenheiten an die Startlinie müssen. Das Wetter ist eines der entscheidenden Faktoren, wenn es um die Suche geht. Damit möchte ich natürlich nicht sein Ergebnis herunterspielen, denn was er geleistet hat ist fantastisch.
Was versteht ihr unter gutem und schlechtem Wetter?
Ein starker Regenschauer ist zum Beispiel äußerst unvorteilhaft, weil alle Gerüche verschwinden, aber wenn es nur ein bisschen tröpfelt, kann das uns sogar helfen. Der stürmische Wind verweht alle Gerüche, aber eine leichte Luftbewegung ist perfekt. Eine bisschen kühles Wetter und eine leichte Brise sind ideal, aber die Hitze und stille Luft sind nicht unser Freund. Wie dem auch sei, das wichtigste ist, dass Mensch und Hund diese Situationen gut händeln können. Natürlich muss man nicht nur bei gutem Wetter trainieren, sondern auch in Hitze, Regen und auch in der Nacht. Wenn der Hund die gegebenen Umstände nicht kennt, weiß er auch nicht, wie er mit den Situationen fertig werden soll. Wir haben Glück gehabt, dass wir bei der Meisterschaft in der Früh mit weniger Hitze anfangen mussten. Zwar war die Luftbewegung nicht optimal, aber alle anderen Umstände haben gepasst. Ich denke, dass das Wetter neben all den anderen Gegebenheiten, wie Ausbildung, Signalqualität oder Suchintensität auch ein Faktor ist. Alles zählt.
Wie genau, bereitet ihr euch auf so etwas vor?
Zum einen machen wir Konditionsaufbau, weil man zu einer halbstündigen Suche ein gutes Durchhaltevermögen braucht. Dies bedeutet enorme Arbeitsleistung für Zen, ganz zu schweigen davon, dass er seine Nase die ganze Zeit lang benutzen können muss, wozu er allgemeine physische und mentale Ausdauer braucht. Das Gehorsamkeitstraining ist kurz, dafür machen wir es aber öfter. Manchmal machen wir nur einen kurzen Zwischenstopp im Park, machen eine schnelle bei Fuß-Übung und gehen dann weiter. Die Vorbereitung auf unsere Suchaktionen ist für unser ganzes Team das Gleiche. Angefangen haben wir damit, nahegelegene Ruinen in Nachbarländern zu erkunden. Dies waren meist eintägige Wanderungen, sodass wir verschiedenste Ruinen in Banská Bystrica, Slowenien, Österreich und viele weitere in Ungarn selbst, gesehen haben. Wir haben versucht unsere Übungsfelder in so vielen verschiedenen Umgebungen und Situationen wie möglich zu machen.
Erzähle mir von deinem Team!
Ich bin Mitglied des Pannon SAR Team (Pannon Kutyás Kutatómentő). Dieses Team existiert schon seit über 20 Jahren und hat die erfolgreichsten Rettungshunde in Ungarn ausgebildet. Kuba (Zens Opa), als auch Karma, die letztes Jahr Zweite geworden ist, gehörten zu dieser Familie. In den letzten 20 Jahren haben wir bei Meisterschaften und Weltmeisterschaften sehr oft den ersten, zweiten oder dritten Platz geschafft. Seitdem ich Zen habe, sind wir im Pannon SAR Team mit dabei. Bevor wir dem Team beigetreten sind, haben wir alles ausprobiert. Ich habe bei vielen Hundeausbildungen mitgemacht, aber Sarolta Leczki, unsere Teamleaderin hat etwas in Zen gesehen. Ich fühle mich besonders geehrt, dass sie auch in mir etwas Besonderes sah, und der Meinung war, dass man mich auch trainieren könnte.
Kein Wunder! Du bist ja Assistenz- sowie Therapiehundetrainerin, Rettungshundeführerin und noch dazu hast du dich als eine Säule des Lehrstuhles für Ethologie an der Eötvös Loránd Universität mit Wölfen beschäftigt. Wie kam es dazu, dass du in so vielen Gebieten tätig bist?
Es stimmt, dass ich die Arbeit mit Rettungshunden nicht von Null beginnen musste, und dass ich auch in Bereichen wie Ausbildung und Untersuchung der Verhaltensmuster von Hunden viel Erfahrung habe. Meine professionelle Hundekarriere begann an der Universität, als ich als Erstsemestrige am Lehrstuhl für Ethologie bekannt gegeben habe, dass ich Schimpansen untersuchen werde. Da gab es schräge Blicke und man hat mir mitgeteilt, dass ich zwischen Hase und Hund wählen kann. Schließlich habe ich mich für Hunde entschieden und so kam ich mit dem Wolfserziehungsprojekt in Kontakt. Im Rahmen dessen habe ich zuerst zu Hause drei Wölfe, und später noch einen kleinen Wolf und einen Kontrollhund, Oszi erzogen, den ich nach dem Projektabschluss behalten habe. Infolgedessen erhielt ich eine Einladung nach Österreich zu reisen und als Ausbilderin in einem neu gegründeten Wolfsforschungszentrum (Wolf Science Center) zu arbeiten. Während meines Aufenthalts in Österreich haben die Tiere gelernt, wie man einen Touchscreen benutzt, wie man an der Leine Gassi geht und haben die Kommandos Sitz und Liegen durchgeführt, noch dazu konnten wir mit dem Vorbehalt, dass sie Wildtiere sind, auch BesucherInnen empfangen. Inzwischen wurde ich die temporäre Adoptivpflegerin eines Assistenzhundes und habe somit auch gelernt, wie man mit Solchen umgeht. Aus diesem Grund reiste ich oft nach Deutschland, um an Weiterbildungen teilzunehmen, und habe die Ausbildung der Anfallsignalhunde und Assistenzhunde erlernt. Anschließend habe ich die Therapiearbeit mit meinem eigenen Hund begonnen. Als ich vor sechs Jahren wieder nach Hause gezogen bin, habe ich mich intensiv mit der Ausbildung von Assistenzhunden beschäftigt, und in dem Bereich arbeite ich auch noch heute. Derzeit werden zwei Assistenz- und fünfzehn Therapiehunde im Rahmen des Vereins namens Azúr Segítőkutyás Egyesület ausgebildet.
Weiß Zen auch wie all diese Dinge gehen?
Genau. Er ist ein zertifizierter Therapiehund und arbeitet auch mit Kleinkindern oder mit mehrfachbehinderten Kindern. Eine angeborene Fähigkeit von ihm ist, dass er epileptische Anfälle signalisieren kann. Er ist kein ausgebildeter Anfallsignalhund, aber wir haben bei ihm bemerkt, dass wenn wir in einer Gruppe arbeiten und er jemandes Gesicht leckt, dass diese Person wahrscheinlich innerhalb einer Viertelstunde einen Anfall haben wird. Zen liebt es zu therapieren. Nach den Sommerferien geht er immer zu seiner Gruppe und hüpft glücklich um die Kinder herum, weil er sich so sehr freut. Er ist ein äußerst vielseitiger Hund, der vieles macht, weshalb er nicht jeden Tag nur als Therapiehund unterwegs ist. Ich möchte ihn nicht überarbeiten. Mein Ziel ist es, dass er noch lange bei mir bleibt.
Hat Zen Lieblingsbeschäftigungen, sozusagen „Hobbys“?
Natürlich. Drei sogar: Beschützen, Flyball und Suchen. Ich bin immer wieder verblüfft, wie sehr er es liebt zu suchen. Schon wenn er weiß, dass ich ihn losschicken werde, ist er vor Anspannung und Vorfreude am Zittern, weil er endlich loslegen will.
Wie siehst du die Situation der Rettungshunde in Ungarn?
Wir haben immer bessere Hunde mit hervorragenden Ergebnissen, die mehr und mehr Aufmerksamkeit auf das ungarische Team ziehen. Das gilt besonders für die Hunde, die viel reisen und oft an Weiterbildungen teilnehmen, da diese in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Mittlerweile hat der Sport immer mehr Zulauf. Die Herrchen und Frauchen verstehen, dass es zwischen dem Hobbysuchen und der Rettungshundeausbildung einen großen Unterschied gibt. Bei der Rettungshundeausbildung gebe ich 100 % und setze meine volle Energie ein. Und wenn man das tut, kann man nicht mehr vom Hobbyniveau sprechen. Mehrere von uns arbeiten mit der Einstellung, bei einem Alarm sofort loszugehen, egal was sie grade tun. Gegebenenfalls hängen Menschenleben von diesen Hunden ab. Es geht hier nicht mehr darum ob Bello Lust hat im Regen spazieren zu gehen. Beim Training lernen sie, dass wenn ich sie in den Regen schicke, sie meinem Befehl folgen müssen. Diese Einstellung gibt es oft bei Familienhunden nicht. In Westeuropa sehe ich oft, dass der Sport und der Einsatz sehr stark voneinander getrennt sind. Viele beschäftigen sich nur sportmäßig mit dem Rettungshundetraining, wobei andere mit ihren Hunden auf Einsatz gehen. Und es gibt auch noch die 50-50 Schnittmenge. In Ungarn erkenne ich eine solch scharfe Differenzierung allerdings nicht.
Welchen Rat kannst du denjenigen auf ihren Weg mitgeben, die erst jetzt mit dem Rettungshundetraining beginnen?
Seid unermüdlich! Ohne Ausdauer kann man bei dieser Aufgabe nicht viel erreichen. Unzählige Male wollte nicht nur Zen, sondern auch ich aufgeben. Ich dachte, dass ich es nicht schaffen werde, und das alles keinen Sinn macht. Aber dann haben wir uns zusammengerissen. Wenn wir hart genug arbeiten und wir den Schlüssel zu unserem Hund finden, denn jeder Hund ist anders, dann ist nichts unmöglich. Aber dieser Schlüssel wird einem nicht auf dem Silbertablett serviert. Man muss ihn verdienen. Gemeinsam, du und dein Hund.
Beatrix Ruskó